Sonntag, 16. Januar 2011

Picasso - Frieden und Freiheit, Albertina, 14.01.2011

In letzter Sekunde in den Picasso

Naja, so knapp war's dann auch nicht, aber immerhin am vorvorletzten Tag, also am letzten Freitag, bin ich doch noch in den Picasso gegangen. In Erwartung unglaublicher Massen war ich auf das Schlimmste gefasst - und hab stattdessen relativ viel Bewegungsfreiheit und eigentlich sehr angenehme Verhältnisse vorgefunden. Zwar hab ich ab und zu die Kinder- und Schülerführungen umschiffen müssen, aber dann schaut man sich halt derweilen ein anderes Bild an. Vllt. hat auch die Uhrzeit (kurz vor Mittag) was damit zu tun, das ich nicht erdrückt wurde.


Jedenfalls zur Ausstellung: Eine Art Analyse der politischen Auswirkungen auf Picassos Werk wird angekündigt. Man betritt die Ausstellung und findet neben Räumen in Grau und Weiß das scheinbar für die Albertina typische Schummerlicht vor. Was beim Michelangelo nicht weiter aufgefallen ist, hat hier doch unangenehme Auswirkungen: Die erklärenden Tafeln neben den Bildern (Hellgrau/ Weiß auf etwas dünklerem Grau) sind so klein beschrieben, dass sie in diesem Licht von höchstens einem Besucher auf einmal gelesen werden können. Bei dem Besucherandrang, den wir dort auf unserem kurzen Abstecher nach dem Michelangelo erlebt haben, wohl ein Ding der Unmöglichkeit - was schade gewesen wäre, weil die Tafeln wirklich informativ sind. Auch die großen Beschreibungen zu den verschiedenen Räumen, die eine groben Überblick geben, sind eine interessante Untermauerung der Bilder, gemeinsam mit den wandfüllenden Schwarz-Weiß-Fotos von Zeitgeschehen an meist zwei der vier Wände.

Auf die damalige politische Lage und Atmosphäre eingestimmt, wendet man sich den Bildern zu und findet sich durch die persönlichen Schicksale, die Umstände der Zeit und die Art, wie Picasso seine Eindrücke ausdrückt irgendwie sehr berührt. Trotz der sehr reduzierenden Darstellungsweise malt der Maler nie gedankenlos; allem kommt Bedeutung zu und das Wichtigste bleibt erhalten - die gefesselten Hände Ermordeter, der Kontrast von Gewalt und Hilflosigkeit, Stilleben als Ausdruck von Unterdrückung und Bedrohlichkeit (ja, das geht), die zerbrochenen Menschen von La Guernica.

Die Schau zieht dabei einen Bogen von Picassos Bilder der Zeit vor dem 2. Weltkrieg bis zum Ende seines Lebens und zeigt Picassos Beschäftigung mit den spanischen Republikanern, dem Weltkrieg, den um Unabhängikeit kämpfenden Algeriern, dem Kalten Krieg, dem Vietnamkrieg, und anderen sozial und politisch unterdrückten oder ausgebeuteten Gruppen und endet mit Bildern seiner letzten Lebensjahre. Ein Raum wird dabei speziell Picassos Lebenslauf und den politischen Ereignissen während seiner Lebenszeit gewidmet.

Dadurch, dass die Ausstellung Bilder des entwickelten Künstlers zeigt, bekommt man einen Eindruck von stilistischer Geschlossenheit, der irgendwie sehr schön ist und von der Geschlossenheit Werk-Politik-Zeit noch untermauert wird. Mir gefällt auch das Schnelle an seinen Bildern - malbar in einer Sitzung, trotzdem steckt hinter ihnen viel Gedankenvolles; trotz der Reduktion erkennt man eindeutig Können hinter den Werken. Obwohl ich mit einigen der gezeigten Werke seiner späten Schaffenszeit nicht unbedingt so viel anfangen kann, wie mit denen der 1930er-1950er Jahre, kann man doch gesamt sagen, dass es für mich ein ziemlich beeindruckender und irgendwie auch aufwühlender Besuch war. Die durch die Fotos und die Beschreibungen geschaffene Atmosphäre und die reduzierte Direktheit von Picassos Werk zusammen sorgen für eine wirklich gelungene Ausstellung.

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Organisation der Ausstellung: Sehr klar, chronologisch, dem Zeitgeschehen nach angeordnet. Die Bilder sind für die Analyse, die in der Ausstellung vorgenommen wird, sehr gut geeignet.
Bildpräsentation: Wie schon erwähnt, werden die Bilder durch Fotos politischer Ereignisse begleitet, die Farbgebung ist geschlossen und ruhig.
Info an den Wänden/ neben den Bildern: Inhaltlich sehr informativ, leider aber viel zu klein geraten - man kriegt selbst, wenn man als der einzige Besucher dicht davor steht, Augenbrennen.
Gesamteindruck: Hat mir gut gefallen, mich zum Nachdenken gebracht.

Angeschaut in ca. 1 1/2 Stunden
Eintritt Studenten: € 7,-
Eintritt Normal: € 9,50


Besonders gut haben mir gefallen:

Ziegenschädel auf einem Tisch
Mai 1952, Aquatinte
-bzw.
Ziegenschädel, Flasche und Kerze
16. April 1952, Öl auf Leinwand (siehe Foto oben)

Toter Hahn und Topf
1953, Öl auf Leinwand

Frauen von Algier (2. Variation)
7. März 1955, Lithographie

Plakat zu Présence Africaine
1956

Frau im Fauteuil Nr.1
30. Dezember 1949, Lithographie

Tuch für das Weltfestival der Jugend und Studenten für den Frieden, Ostberlin 5.-19. August 1951
1951, Farbdruck auf Baumwolle


Weitere Informationen:
http://www.albertina.at

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